Seit wann bist du Tarifbotschafterin?
Ich bin gleich mit der ersten Welle eingestiegen, 2020 als die Tarifbotschafter geboren wurden. Das wurde damals als Versuch im öffentlichen Dienst ganz neu eingeführt. Und ich war von Anfang an dabei. Ich war sehr dankbar dafür, dass ich als Tarifbotschafterin nun die direkte Anbindung hatte. Dass ich sofort wusste, was in der Verhandlungsrunde gelaufen ist und es ein paar Minuten später an meine Vertrauensleute weitergeben konnte. Der Informationsfluss war viel schneller. Man konnte viel besser und schneller argumentieren, warum das jetzt so oder anders ist, als wir es mal gefordert hatten. Deswegen bin ich auch immer noch begeistert davon.
In Vorbereitung auf die nächste Tarifrunde bist du aktuell für den Stärketest unterwegs?
Genau. Zusammen mit anderen aus unserer Vertrauensleutegruppe. Unsere Stadtverwaltung besteht aus verschiedenen Organisationseinheiten. Und wir haben versucht, in jeder Organisationseinheit, wenigstens einen Vertrauensmann oder eine Vertrauensfrau zu installieren. Die Leute sind jetzt gerade in ihren Wirkungsbereichen unterwegs und sammeln Unterschriften für den Stärketest.
Wie geht ihr dabei vor?
Das macht jeder ein bisschen anders. Einige gehen in der Mittagspause von Büro zu Büro und sammeln Unterschriften. Manche sprechen Leute in Gruppen an. Andere legen im Kopierraum die Unterschriftenliste für ein paar Tage aus.
Fragt ihr dabei auch gleich die Streikbereitschaft ab?
Es geht erstmal darum, ob sie mit der Unterschrift die Forderung unterstützen. Die Forderungen sind teilweise sehr kompliziert, deswegen müssen wir in den Gesprächen viel Informationsarbeit beziehungsweise Aufklärungsarbeit leisten, um zu erklären, wie diese recht komplexe Forderung zustande kommt. Das ist viel Quasselarbeit. Und natürlich versuchen wir dann auch schon rauszukitzeln, ob sie nachher dann bereit sind, für diese Forderung mit auf die Straße zu gehen.
Welche Erfahrungen habt ihr bisher mit dem Stärketest gemacht?
Die meisten fangen gerade erst an mit dem Stärketest. Aber wir haben hier einen ver.di Kollegen, einen Trainee, der ist schon vor zwei Wochen durch unsere Verwaltung gezogen ist und er konnte sehr viele Unterschriften einsammeln. Ich glaube, das waren um die 250 Unterschriften. Er sagte, dass die Gespräche alle sehr positiv waren. Das ist auch das, was ich mitbekomme von meinen Vertrauensleuten, die in dieser Woche losgezogen sind. Und das ist auch meine eigene Erfahrung. Bisher hatte ich niemand, der dagegen war und nicht unterzeichnet hat.
Ist es einfach die Leute anzusprechen?
Ja, die meisten kennen uns ja eh schon und wissen, wer wir sind. Viele sind bereit, schnell zu unterzeichnen. Aber ich betone natürlich, dass die Unterschrift auch dafür steht, dass wir sie dann auch auf der Straße brauchen, wenn es zu Streiks kommen sollte. Dafür sensibilisiere ich schon mal und gebe ihnen die Verhandlungstermine, da ja davor oder danach meistens was passiert.
Hast du Tipps für andere Leute aus anderen Betrieben?
Der einfachste Tipp: ins Gespräch kommen. Die Leute wollen angesprochen werden, das merke ich immer wieder. Der zweite Tipp ist speziell für das Sammeln von Unterschriften: am besten mehrere Leute, also ein Team, eine Gruppe auf einmal ansprechen. Wo mehrere zusammen sind, geht es einfacher. Wenn einer unterschreibt, dann ziehen die anderen meistens mit. Und ein ganz allgemeiner Tipp: sichtbar im Betrieb sein. Wir machen beispielsweise oft aktive Mittagspausen, wenn gerade was ansteht. Da stellen wir Vertrauensleute uns in den Eingangsbereich einer Dienststelle und machen da unsere Mittagspause. Und dann sprechen wir die Leute direkt an auf die jeweilig aktuellen Themen und haben meistens viele gute Gespräche.